Kopf-Hals-Tumoren: Verbreitungsraten entwickeln sich bei Frau und Mann unterschiedlich

Universitätsmedizin Mainz veröffentlicht Studie zur Verbreitung von Kopf-Hals-Tumoren in Rheinland-Pfalz im Zehnjahresvergleich

Krebserkrankungen der Kopf-Hals-Region rangieren weltweit unter den zehn häufigsten bösartigen Neubildungen. Inwieweit sich diese Krebsarten der Mundhöhle, des Rachenraums und des Kehlkopfes in den letzten Jahren in Rheinland-Pfalz verbreitet haben, war Gegenstand einer Studie von Wissenschaftlern des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz. Eine Besonderheit der Studie liegt darin, dass die Forscher für jede einzelne Tumorart der Kopf-Hals-Region Forschungsergebnisse präsentieren können und diese nicht, wie sonst üblich, zusammengefasst haben. Die Ergebnisse der Studie „Veränderung von Inzidenz und Mortalität von Kopf-Hals-Malignomen in Rheinland-Pfalz, 2000-2009“ wurden in der Fachzeitschrift Laryngo-Rhino-Otologie veröffentlicht.

Basis der hier vorgestellten Studie von Wissenschaftlern des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz waren die Daten des Krebsregisters Rheinland-Pfalz für die Jahre 2000 bis 2009. Im Zeitraum von Januar 2000 bis Dezember 2009 wurden 8055 neue Kopf-Hals-Malignome in Rheinland-Pfalz diagnostiziert und an das epidemiologische Krebsregister gemeldet.

Die Auswertung der Studiendaten ergab, dass Männer dreieinhalbmal häufiger als Frauen an Kopf-Hals-Malignomen erkrankt waren. Erfreulicherweise stellten die Wissenschaftler bei den Männern jedoch einen ganz leichten Rückgang fest. Im Jahr 2000 betrug die absolute Zahl der Neuerkrankungen bei den Männern 629 Fällen. Im Jahr 2009 waren es 622 Neuerkrankungsfälle. Bei den Frauen in Rheinland-Pfalz stieg die absolute Zahl aller Kopf-Hals-Malignome von 157 Neuerkrankungsfällen im Jahr 2000 auf 213 im Jahr 2009. Zum Zeitpunkt der Erstdiagnosestellung waren die Männer durchschnittlich 63 Jahre und die Frauen 64 Jahre alt .

Hinsichtlich des Kehlkopfkrebses zeigten die Daten weitere geschlechtsspezifische Unterschiede auf: Kaum Veränderungen gab es bei der Kehlkopfkrebsrate der Frauen, durchschnittlich minus 0,3 Prozent pro Jahr, bei den Männern nahm sie hingegen um jährlich 2,7 Prozent ab. Einen Grund für diesen gegenläufigen Trend bei Männern und Frauen vermuten die Wissenschaftler im unterschiedlichen Konsumverhalten von Tabak. Denn Kehlkopfkrebs taucht besonders häufig im Zusammenhang mit Rauchen auf, und das ist seit den 1950er Jahren bei Frauen immer populärer geworden. Die Forscher gehen daher davon aus, dass die Zahl der tabakbedingten Krebserkrankungen in den nächsten Jahren bei den Frauen weiter steigen wird. Krebs entwickelt sich über viele Jahre bis Jahrzehnte.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der aktuellen Studie ist die deutliche Zunahme der Krebsraten des Mundrachens, dem sogenannten Oropharynx, in Rheinland-Pfalz: Bei Frauen beträgt der jährliche Zuwachs im Mittel 3,6 Prozent und bei Männern 1,9 Prozent. Als ein wesentlicher, neu-identifizierter Risikofaktor wurde vor wenigen Jahren das Humane Papillom Virus (HPV) identifiziert, das bisher eher mit der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs in Verbindung gebracht wurde. Die Autoren der Studie kommen deshalb zu dem Schluss, dass es vorteilhaft sei, bei Kopf-Hals-Krebs routinemäßig zukünftig auch den HPV-Status der Betroffen zu bestimmen und diesen dann in den aktuell noch im Aufbau befindlichen klinisch-epidemiologischen Krebsregistern zu erfassen. Auf Basis dieser Informationen könnten unterschiedliche Verläufe von Krebshäufigkeiten noch besser den jeweiligen Ursachen zugeordnet werden. Die Mainzer Wissenschaftler deuten die Ergebnisse der Studie zudem dahingehend, dass es wichtig ist, epidemiologische Daten der verschiedenen Krebserkrankungen im Kopf-Hals-Bereich getrennt auszuwerten, um wichtige Verlaufsunterschiede besser erkennen zu können.  

Im Jahr 2010 betrug der Anteil der Kopf-Hals-Malignome an allen Krebsneuerkrankungen in Deutschland bei den Männern fünf Prozent und bei den Frauen 1,8 Prozent. Damit bildeten sie bundesweit die vierthäufigste Krebserkrankung (ohne nicht melanotischen Hautkrebs) bei Männern und die 15.häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Am häufigsten von Kopf-Hals-Tumoren betroffen sind: Rachen (35 Prozent), Mundhöhle (24 Prozent) und Kehlkopf (24 Prozent). Die zentralen Risikofaktoren für diese Tumorarten sind: Rauchen und Alkohol. Zudem steigt die Häufigkeit von Kopf-Hals-Tumoren mit der Verbreitung bestimmter Sub-Typen des Humanen Papillom Virus (HPV). Für den Therapieerfolg ist eine frühzeitige Diagnose wichtig. Auch deshalb findet in dieser Woche zum dritten Mal die Aktionswoche Kopf-Hals-Tumoren „make sense campaign“ (www.kopf-hals-krebs.de) zur Aufklärung und Information über Kopf-Hals-Tumoren der Europäischen Kopf-Hals-Gesellschaft (EHNS) in Zusammenarbeit mit den Landesorganisationen statt.

Informationen zur Studie und zur Publikation: Bayer O., Krüger M., Koutsimpelas D., Emrich, K. Ressing M., Zeissig S. R., Simon C., Singer S. (2015): Veränderung von Inzidenz und Mortalität von Kopf-Hals-Malignomen in Rheinland-Pfalz, 2000-2009. In: Laryngo-Rhino-Otologie 94 (7), S. 451–458. DOI: 10.1055/s-0034-1390455.
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-0034-1390455

 

Kontakt
Oliver Bayer, Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz, Tel. 06131 / 17-4577, E-Mail: oliver.bayer@uni-mainz.de

Pressekontakt
Barbara Reinke, Stabsstelle Kommunikation und Presse Universitätsmedizin Mainz,
Tel. 06131 / 17-7428, Fax 06131 / 17-3496, E-Mail:  pr@unimedizin-mainz.de

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz  
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.300 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter www.unimedizin-mainz.de